For the woman who wasn’t born yesterday.

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Es war auf einer meiner Reisen in die USA Ende der 80er Jahre, dass ich mir ein Magazin gönnte, dessen Untertitel meine Aufmerksamkeit gepackt hatte: For the woman who wasn’t born yesterday. Der Name des Magazins: LEAR’S. Frances Lear hatte sich Dank einer der damals teuersten Scheidungen der Welt (es wird kolportiert, sie erhielt um die 110 Millionen US$ von Produzent Norman Lear) ein eigenes Magazin mit ihrem Namen gegönnt. Frauen, die so waren wie sie, die in ihrem Alter waren und die die bis dahin gängigen Hochglanzmagazine vergebens nach Themen, die sie betrafen absuchten, waren die Zielgruppen. 35 – 54 Jahre hiess es offiziell, in Wirklichkeit aber auch älter, Frauen, die nach der Kinderpause wieder in den Beruf einsteigen wollten oder wie die Herausgeberin selbst geschieden waren und eine neue Challenge im Beruf suchten. Frances Lear war 62, als sie das Experiment wagte.

Für mich eine bahnbrechende Entdeckung. Hier hatte es eine Frau geschafft, unprätentiös und selbstverständlich eine genau definierte Zielgruppe mitten ins Mark zu treffen. Auf den Titeln prangten Bette Midler, Susan Sarandon, Susan Dey, Carly Simon, Joan Collins, Lauren Hutton und viele meist prominente Frauen mehr, die jenseits der 35 waren. Und weil man damals noch nicht wirklich den Fotos mit Photoshop zu Leibe rückte, sahen die Frauen auch aus, wie sie eben aussahen: Schön und stark.

Und Frances Lear wusste, wovon sie sprach, war keineswegs die verwöhnte Millionärsgattin, die Langeweile hatte. Sie kam aus katastrophalen Verhältnissen, wurde sexuell missbraucht vom Stiefvater, begann mit 14 Jahren zu arbeiten, hatte ihren ersten festen Job mit 17 als Verkäuferin bei B. Altman & Co. in Manhattan. Später wurde sie Einkäuferin bei Lord & Taylor. Eine packende Lebensgeschichte, die sie 1992 im Buch «The Second Seduction» (Alfred A. Knopf, New York ISBN 0679413456) https://www.amazon.com/Second-Seduction-Frances-Lear/dp/0060975490 verarbeitete. Unbedingt lesen, wenn man eines der seltenen Exemplare habhaft werden kann…

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Die Themen im Heft: So bunt wie das Leben. Über Paare, die zusammen leben und arbeiten, Finanzthemen, die eine Frau in dem Alter wirklich interessieren, Berichte mitten aus dem Leben über Alkoholabhängige in der Familie, Sex in allen Facetten, ehrliche Beauty-Berichte und wunderschönst fotografierte tragbare Mode, auf den Punkt. Sogar Autothemen liess Frances Lear nicht aus.

Leider erkannte zum einen die Industrie nicht richtig, was sich da für eine Chance bot, die kaufkräftige Zielgruppe direkt zu erreichen, Anzeigen blieben schwierig, vor allem die von den hochwertigen Modelabels. Automarken hingegen inserierten, ein Traumzustand für so manches Modeblatt heute. Und man erzählt sich, dass Frances Lear eine miserable Marketingfrau war, das eigene Produkt nicht so vermarkten konnte/wollte, wie es nötig gewesen wäre. Immerhin erlaubte ihr das Geld, dass sie besass, die Zeitung bis 1994 fortzuführen. Dann schloss die Publikation kompromisslos, bei einer Auflage von einer halben Million Exemplare, Lear wollte auch nicht verkaufen, zu eng war der Name mit ihrer Person verbunden. Nur zwei Jahre später starb sie 73jährig an Brustkrebs.

Kati’s World will das Gleiche: Ehrlich kommunizieren, über Menschen, die Spuren hinterlassen und Dinge ins Rollen bringen. Über bahnbrechende Ideen, über Dinge, die Sinn machen und vom Alltag, der so unfassbar voll von bemerkenswerten Erlebnissen ist. Weil das Leben jetzt ist.

 

(Quellen: LEAR’s, Los Angeles Times)

 

Words: Dörte Welti

Foto: © Lear’s

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